Wissenschaftliche Leitung
Prof. Dr. Astrid Stadler, Universität Konstanz

Gerichtsentscheidungen zum Klimaschutz sorgen – nicht nur in Deutschland – für mediale Aufmerksamkeit und werfen die Frage auf, ob die Judikative im demokratischen Rechtsstaat die richtige Instanz ist, über die Erreichung von Klimaschutzzielen zu entscheiden. Verbands- oder Individualklagen vor Zivilgerichten wollen mitunter politische Ziele über eine zivilrechtliche Haftung von Unternehmen realisieren. Das am 1. Januar 2023 in Kraft tretende Lieferkettensorgfaltsgesetz dient zwar dem Schutz von Menschenrechten in globalen Lieferketten, schließt aber eine solche zivilrechtliche Haftung deutscher Unternehmen gerade aus. Im Spannungsfeld zwischen Öffentlichem Recht und Zivilrecht stellt sich daher die Frage nach dem richtigen Weg. Wie Klima- und Menschenrechtsklagen verfolgt auch die klassische Verbandsklage des Verbraucherrechts zumindest mittelbar ein öffentliches Interesse. Nach fast 20 Jahren kontroverser Diskussion ist bis Ende 2022 die europäische Richtlinie zu Verbandsklagen im kollektiven Verbraucherinteresse umzusetzen. Die künftige Effektivität des Verbraucherschutzes hängt dabei ganz davon ab, wie der breite Umsetzungsspielraum genutzt wird. Die Tagung beleuchtet dies vergleichend für Deutschland und Österreich. Die Themenkomplexe sind verzahnt durch die zentrale Frage der Finanzierung. Bei Individual- und Verbandsklagen können die Kläger das Prozesskostenrisiko regelmäßig nicht selbst tragen.

Die kommerzielle Prozessfinanzierung gewinnt daher seit Jahren an Bedeutung. Sind Prozessfinanzierer die „weißen Ritter“ oder missbrauchen sie den Zivilprozess zur Gewinnmaximierung und begünstigen eine „Klageindustrie“? Diese Fragen und ein europäischer Richtlinien-Entwurf zur gewerblichen Prozessfinanzierung stehen im Mittelpunkt der abschließenden Podiumsdiskussion.